2020-11-11 Susanne Schunter

Mittwoch, 11. November 2020, 19:30 Uhr

Villa Ichon, Goetheplatz 4, 28203 Bremen

Prof. Dr. Susanne Schunter-Kleemann, Bremen

Friedrich Engels: „Dass ich ein Sünder bin…erkenne ich wohl an“

Friedrich Engels verlebte seine Jugendjahre in Hochburgen des religiösen Lebens. Seine Geburtsstadt Barmen und das direkt angrenzende Elberfeld sind aufstrebende Zentren der deutschen Textilindustrie; das öffentliche Leben ist durch das Wiederaufblühen der niederrheinischen pietistischen Erweckungsbewegung geprägt. Geistlichkeit und Unternehmerschaft sind sich einig, dass sinnliche Vergnügungen und Genüsse wie Alkohol, Tanz, Musik oder Theaterbesuche „Verlockungen des Teufels“ und wegen ihres schädlichen Einflusses auf den Gewerbefleiß und das sittliche Wohl der Menschen unnachsichtig zu bekämpfen sind. Als Anhänger der Prädestinationslehre sehen sie die unternehmerische Tätigkeit als Mittel christlicher Bewährung und deuten ganz im Sinne der wohlhabenden Fabrikherren deren kommerziellen Erfolg als Zeichen des Bestehens vor Gott.

Im Elternhaus und in der Barmer Stadtschule ist der junge Friedrich Engels mit allen Spielarten des Spät- und Restaurationspietismus konfrontiert. Bis zu seinem 18. Lebensjahr zeigte er durchaus fromme Regungen. Erst in seinen Bremer Ausbildungsjahren gelingt es ihm, sich in einem raschen Lern- und Suchprozess von seinen religiösen Lebensmaximen zu befreien. Zu fragen ist:

Was ist da so völlig aus dem Ruder gelaufen bei der Erziehung des Sprosses einer großbürgerlichen Unternehmerfamilie, der es vornehmlich daran gelegen war, aus dem Erstgeborenen einen verlässlichen Geschäftspartner des Vaters zu machen?

Welche geistigen Einflüsse seiner Zeit, welche persönlichen Begegnungen haben dazu beigetragen, aus dem Sohn eines frommen Elternhauses einen Kommunisten zu machen?

Susanne Schunter-Kleemann lehrte Sozial- und Politikwissenschaften an der Hochschule Bremen. Publikationen zu den demokratiepolitischen Defiziten der EU und den Auswirkungen des europäischen Binnenmarktes auf die Arbeits- und Lebensbedingungen der Frauen.

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